Barbara und ich übersetzen seit 15 Jahren als festes Team, aber für manche Projekte arbeiten wir auch mit Kolleginnen zusammen. Diesmal gingen wir mit Ulrike Schimming auf eine übersetzerische Reise ins Reich der Musik …
Wie kam es zum Übersetzungsprojekt „Ein Jahr voller Wunder“?
Und das schon zum zweiten Mal: 2019 fragte der Diogenes Verlag an, ob Barbara und ich ein musikalisches Sachbuch aus dem Englischen übersetzen wollte. Einer Lektorin im Verlag, die ich vor über zehn (!) Jahren mal auf der Buchmesse getroffen hatte, war in Erinnerung geblieben, dass ich eigentlich aus der klassischen Musik komme.
Was ist „Ein (neues) Jahr voller Wunder“?
Das erste Buch der britischen Violinistin, Moderatorin und Journalistin Clemency Burton-Hill, um das es ging, heißt „Ein Jahr voller Wunder“. Der Titel passt, denn es wirklich eine herrliche musikalische „Wundertüte“, ein Kalender, der einen mit je einem (kurzen) Musikstück pro Tag durch das Jahr begleitet.
Und genauso ist es auch im Nachfolgebuch „Ein neues Jahr voller Wunder“.
Wundervoll sind die Bücher, weil reich an nicht nur musikalischen Entdeckungen jenseits des Mainstreams. So schön, weil die Autorin sehr viele, leider immer noch vergessene Frauen, die professionell komponierten, in den Fokus stellt, aber auch Musiker:innen aus anderen Ethnien, POC oder auch aus der queeren Community.
Deshalb haben wir, wieder als Ü-Trio, auch beim Fortsetzungsbuch „Ein neues Jahr voller Wunder“ freudig zugesagt, als man uns die Übersetzung anbot. Aber wie und warum wurden wir eigentlich zum Ü-Trio?
Wie haben wir an der Übersetzung gearbeitet?
Auch für uns beide als Duo war „Ein Jahr voller Wunder“, immerhin ca. 500 Manuskriptseiten, im angedachten Zeitraum nicht zu schaffen. Deshalb wandten wir uns an unsere Kollegin Ulrike Schimming, Übersetzerin aus dem Italienischen und Englischen und als Journalistin genauso recherchefest wie wir.
Wir fanden unsere Arbeitsmethode: Barbara und ich erstellten die (nicht sehr rohe) Rohübersetzungen und Ulrike übernahm dann den nächsten Schritt im Übersetzungsprozess, der genauso kreativ fordernd ist wie der, die Erstfassung zu erstellen. Ihre Fassung haben wir dann noch einmal gelesen, Änderungen angenommen oder auch nicht. Und dann wurde die Übersetzung finalisiert.
Was waren die Herausforderungen beim Übersetzen?
Bei beiden Büchern hatten wir es mit 366 unterschiedlichen Themen zu tun. Das hieß einerseits unglaublich viel Recherchearbeit zu den einzelnen Stücken und ihren Urheber:innen. Denn es handelte sich nur zu einem eher kleinen Teil um alte Bekannte. Da gab es die brillant komponierende Äbtissin aus dem 16. Jahrhundert genauso wie den POC-Komponisten aus dem 18. Jahrhundert, der in Frankreich Karriere machte, oder amerikanische Fusionmusiker:innen aus dem 21. Jahrhundert. Wir haben uns die Musikstücke stets vor dem Übersetzen angehört, um die Gedanken von Clemency Burton-Hill nachvollziehen zu können. Aber das war auch zu unserem Privatvergnügen, weil wir auch für uns viel Neues entdeckt haben. YouTube sei Dank!
Die vollkommen unterschiedlich gehaltenen Kolumnen im Buch bedingten auch einen Vielzahl an Textsorten, für die wir immer wieder das richtige Register finden mussten. Mal war die Autorin locker-flockig drauf, mal wartete sie mit einer profunden Musikrezension auf. Und auch die Zitate waren nicht ohne: Das ging vom Mozart-Brief über altenglische Arientexte aus dem 17. Jahrhundert bis zu einem Propagandartikel aus einer russischen Zeitung .
Kurzes Fazit: Das erste Übersetzungsprojekt war uns eine wahre Freude und so haben wir auch das Folgebuch unglaublich gern übersetzt. Und unsere Kollegin Ulrike Schimming ist durch die Arbeit daran von der mäßig an Klassik Interessierten zur begeisterten Konzert- und Operngängerin geworden!
Und vielleicht führt uns das Projekt ja mal irgendwann auf eine dritte Reise in ein neues „Neues Jahr voller Wunder“
K.S.