März – Zeit für Verbandsarbeit

Wie wichtig Berufsverbände sind, ist mir erst im Laufe meiner Karriere klar geworden. Zunächst wurde ich einfach mal nur Mitglied – beim BDÜ direkt nach dem Studium, weil man das halt als Diplom-Übersetzerin so machte, dann bei den BücherFrauen, weil mir die Idee eines reinen Frauennetzwerks in einer in den Führungspositionen männerdominierten Branche gefiel, und als ich endgültig zum reinen Literaturübersetzen gewechselt war, kam natürlich der VdÜ hinzu. Als ich bei der Weltlesebühne landete, war ich schon schlauer. Aber nicht schlau genug. Dazu später.

Reine Mitgliedschaft bringt wenig

Erst allmählich habe ich erkannt, dass reine Mitgliedschaft wenig bringt. Das gilt für alle Seiten: Nur von einem Eintrag in irgendeiner Liste ergeben sich kaum Aufträge, und Verbände oder Netzwerke leben ja davon, dass ihre Mitglieder sich einbringen. Daher fing ich mit dem Netzwerken an – und erkannte, dass mir das einfach Spaß macht. Hier finde ich den kollegialen Austausch und einen Ausgleich zur überwiegenden Schreibtischtätigkeit. Seitdem fahre ich regelmäßig nach Wolfenbüttel zum „Klassentreffen“ der Literaturübersetzenden, gehe zum Stammtisch des VdÜ, zum Neujahrsempfang des BDÜ oder genieße den Sommerausflug mit BücherFrauen aus der Region.

Begonnen habe ich mein Netzwerk ja im Kleinen, am Anfang stand das Zweierteam mit Katharina. Die mich nach den ersten gemeinsamen Literaturprojekten in den lokalen Stammtisch des VdÜ einführte und mit der Idee der Weltlesebühne aus Wolfenbüttel zurückkehrte.

Errungenschaften für unseren Berufsstand sind keine Selbstverständlichkeit

Ich gebe zu, die politische Dimension von Verbandsarbeit erkannte ich erst spät. Sämtliche Errungenschaften für unseren Berufsstand sind eben keine Selbstverständlichkeit, sondern wurden mit viel Engagement von selbstlosen Menschen überwiegend im Ehrenamt erkämpft. Allein ist man eben selten auf Augenhöhe. Da ist man erst, wenn hinter einem viele stehen.

Manchmal herrscht auch einfach Unkenntnis über die Berufsrealität von Kulturschaffenden. Ich sage nur erste Coronahilfen …

Daher kam der vierte Verein hinzu, die Weltlesebühne. Ein Verein, der sich die Sichtbarmachung von Literaturübersetzenden auf die Fahnen geschrieben hat. Das war dann ganz meine Welt, auf die Bühne wollte ich ja auch schon immer …

Irgendwer muss einfach den Müll rausbringen …

Bald war ich hier im Vorstand – und erst hier erkannte ich, wie viel im Hintergrund eines Vereins abläuft. Und zwar in allen. Irgendwer muss einfach den Müll rausbringen, wenn ihr versteht, was ich meine. Also Anträge und Berichte schreiben, Mails der Mitglieder beantworten, Treffen organisieren, dazu dann Einladungen verschicken, die Brezeln und das Wasser besorgen und und und. Darüber habe ich vorher einfach nie nachgedacht.

Kurz: Projektmanagement. Und da Katharina mit ihrem Hintergrund aus der Welt der Oper sich ebenfalls für die Bühne begeistert, haben wir uns die Weltlesebühne als den Ort gewählt, in den wir unsere Erfahrungen als Tandem einfließen lassen konnten: die regionale Absprache mit anderen Vereinsmitgliedern, Anträge bei der Stadt oder Gastländern der Buchmesse bis hin zum Großprojekt Digitale Weltlesebühne.

Womit ich endlich im März 2024 bin. Trotz viel Arbeit an kommenden Übersetzungen – ach ja, was ist noch mal mein Beruf? – habe ich mir die Zeit genommen und bin Anfang des Monats zur Mitgliederversammlung des VdÜ nach Düsseldorf gefahren. Und Mitte des Monats dann zur Jahresmitgliederversammlung des BDÜ Hessen in Wiesbaden.

Warum? Ich freue mich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen zu sehen, erfahre hier, wie mein Mitgliedsbeitrag verwendet wurde und kann mitbestimmen, wo es in Zukunft hingehen soll. Gerade in Zeiten, wo wir an der sogenannten Künstlichen Intelligenz nicht vorbeikönnen, ganz wichtig.

Eine Fotostrecke mit Infos zum MV des VdÜ in Düsseldorf findet ihr hier im Blog der Weltlesebühne. Bei der MV des BDÜ konnte ich als Referentin für Literatur das Manifest für Menschliche Sprache vorstellen.

Puh! Mehr dann im Juni – dann ist die Mitgliederversammlung der Weltlesebühne. Im Vorfeld des Wolfenbütteler Gesprächs des VdÜ. Ich freue mich. Auf ein Wiedersehen. Und auf hoffentlich viele neue Gesichter!

B.N.